Da, wo ich gerade unterwegs bin, bilden sich ständig „Gruppen“ und vergehen, ohne dass die beteiligten Leute zu Feinden werden.
Zum einen kommt mir das alte „ORGANIZE!“ in den Sinn:

Aber diese Organisierten haben nur noch ein Ziel im Sinn – den Feind. Wird die Utopie auf Übermorgen verschoben, bleibt nur Kampf.
Zum anderen ein Text von Katharina Ceming „Von Weltenbürgern, Gotteskindern und Buddhakeimlingen“ aus dem Sammelband Connectedness, in dem es heißt:
Die Betonung einer gemeinsamen und verbindenden Größe, die das menschliche Dasein wesenhaft bestimmt und letztlich lebenswerter macht, […] beginnt sich in unserer Zeit langsam dort gesellschaftlich zu etablieren, wo die Rahmenbedingungen stimmen. Solange Menschen ums nackte Überleben kämpfen müssen oder unter einem despotischen Regime leben, was in beiden Fällen die Entfaltung der menschlichen Entwicklung nicht nur verhindert, sondern aktiv unterdrückt, ist eine gesamtgesellschaftliche Weiterentwicklung, die von der universellen Verbundenheit aller ausgeht und den Anforderungen einer globalen Welt gerecht wird, kaum zu erwarten.
[…] Die neue Form der Verbundenheit, welche die Welt heute benötigt, erwächst aus der Akzeptanz einer Individualität, die sich mit anderen auf einer tieferen und umfassenderen Ebene wesenhaft verbunden weiß. Diese Einsicht wird heute zunehmend von vielen einzelnen Menschen und einer Vielzahl von kleineren Gruppierungen getragen, die sich nicht mehr, wie wir es aus der Geschichte der Religionen kennen, zu großen Organisationen verbinden, sondern an den verschiedenen Orten ihre Vision zu verwirklichen beginnen. Die Zukunft der Spiritualität scheint eine transkonfessionelle zu sein. Sie hat die keimhaft im Menschen angelegte Fähigkeit, nicht nur das eigene Ich im Blick zu haben, sondern im Gegenüber einen Teil dieses eigenen Seins wiederzuerkennen und zu schätzen, ohne sich in dogmatischen Problemen zu verlieren, zum Gegenstand der Bemühung. Wagen wir es, nicht nur weise, wie Kant es forderte, sondern auch wahrhaft universelle Liebende zu sein.
Vielleicht ist es genau dieser Prozess in dem ich, in dem wir gerade stecken: die Suche nach dem neuen Wir – jenseits der Einsamkeit von Individualismus und der Umklammerung von Kollektivismus.
Na ja, aber selbst diese Suche ist schon was älter, wie Nazim Hikmets Waderhit „Leben einzeln und frei“ beweist.