Die Deutschen sterben doch nicht aus

Die Süddeutsche schreibt:

Das Aussterben wird vorerst vertagt: Die Geburtenraten in den Industriestaaten steigen wieder. „Die Angst vor extrem niedrigen Geburtenraten, die seit den neunziger Jahren aufkam, ist unbegründet“, sagt Joshua Goldstein vom Max-Planck-Institut für Demographie.

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Der technisch interessierte Science-Fiction-Freund tut sich eine Runde Popcornkino an. Ein entschiedenes „geht so“ für den wieder mal teuersten Film mit der momentan modernsten Animationstechnik. Wird möglicherweise floppen wie Matrix: für einen Actionfilm zu wenig Brutalität und zu viel Märchenfilm – für einen Märchenfilm zu viel Gemetzel.

Der 3D-Kram ist schon erwartet bombastisch, zieht einen noch mehr in die virtuelle Welt. Doch scheint es mir, als ob es noch an gestalterischer Virtuosität oder einfach auch Praxis fehlt. Für einen Spielfilm mit einer Handlung grinsten noch zu sehr die Choreografien der kleinen 3D-Filmchen vom Rummelplatz durch. Immer so diese Kameraflüge durch die künstlich erschaffenden Welten – ein bisschen so wie ein Amateururlaubsfilm mit seinen ewigen Schwenks und Zooms.

Die bösen menschlichen Kolonialisten waren angenehm differenziert. Es gab ihn nämlich nicht, den psychopathischen Fiesling, den einen abgründig Negativen, so einen Typen wie Rolf Hoppe in den Goijko-Mitic-Filmen. Es gab: den Buchhaltertyp, der einfach nur so den Aktionären verpflichtet ist und den Abbau des Unobtainiums organisiert und dann doch etwas erschrocken ist, welcher Preis dafür zu zahlen ist und den geradlinigen militaristischen Oberst, der in der Downshow zur Strecke gebracht werden muss. Der Raubbau an Natur, das Aufzwingen kapitalistischer Spielregeln breitete sich einfach nur so ins Weltall aus.

Und die Na’vi haben eine schicke materialisierte Spiritualität. Denen wachsen so Fusseln aus dem Zopf, mit denen sie sich mit allerlei Flugechsen aber auch mit dem großen Ganzen dem Wald verkabeln. Das war irgendwie handfester als die Biophotonen der heutigen naturwissenschaftlich angehauchten Esoteriker.

Post von meinem Anwalt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben sich mit 34.938 weiteren Antragstellerinnen und Antragstellern an der Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung beteiligt und mich mit Ihrer Vertretung beauftragt. Damit haben Sie mitgeholfen, ein eindrucksvolles Signal gegen den bisher größten Angriff auf das Recht jedes Bürgers auf Privatheit und unbeobachtete Kommunikation zu setzen. Zu den Antragstellern unserer Verfassungsbeschwerde gehören auch Abgeordnete aller demokratischen Parteien. Weiterlesen „Post von meinem Anwalt:“

Chatos Land

Gestern gab es mal wieder einen einfach gestrickten Western: Chatos Land. Da zieht so eine Gruppe von Weißen los, um einen Indianer zu töten. Die Weißen haben unterschiedliche Beweggründe. Bürgerkriegsveteranen und psychopathische Bösewichter. Aber auch leise Gutmenschen, die mitgekommen sind, weil es sich so gehört. Sie beteiligen sich nicht an der Vergewaltigung und dem Lynchen, werden aber nicht aktiv, melden nur leise Zweifel an. Chato sieht diese Unterschiede nicht. Er musste in Notwehr den Sheriff erschießen, seine Frau wurde vergewaltigt, sein Bruder gelyncht. Er tötet alle Weißen, auch die Gutmenschen.

Das sind so die Filme und Geschichten, die ich früher viel konsumiert habe, die Teil meines Wertesystems sind und im undialektischen „Teil der Lösung oder Teil des Problems“ kulminieren.

Morgenfreude

In meinem Heimatsender der Soundtrack von Trainspotting. Und gleich kommt mir die herrliche Eingangssequenz in den Sinn:

Sag ja zum Leben. Sag ja zum Job. Sag ja zur Karriere. Sag ja zur Familie. Sag ja zu einem pervers großen Fernseher. Sag ja zu Waschmaschinen, Autos, CD-Playern und elektrischen Doosenöffnern… sag ja zur Gesundheit, niedrigem Cholesterinspiegel und Zahnzusatzversicherung, sag ja zur Bausparkasse, sag ja zur ersten Eigentumswohnung. Sag ja zu den richtigen Freunden. Sag ja zur Freizeitkleidung mit passenden Koffern, sag ja zum dreiteiligen Anzug auf Ratenzahlung in hunderten von Scheißstoffen.Sag ja zu do-it-yourself und dazu dass du am Sonntagmorgen nicht mehr weisst wer du bist. Sag ja dazu, auf deiner Couch zu hocken und dir hirnlähmende Gameshows reinzuzieh’n und dich dabei mit Scheiß-Junkfraß vollzustopfen. Sag ja dazu, am Schluss vor dich hin zu verwesen, dich in einer elenden Bruchbude vollzupissen und den missratenen Egoratten von Kindern, die du gezeugt hast, damit sie dich ersetzen, nur noch peinlich zu sein. Sag ja zur Zukunft. Sag ja zum Leben….Aber warum sollte ich das machen?

Inverse Asi-Eltern

Die Gewerkschaftszeitung hat sich mal nicht die „Bildungsfernen“ oder „migrantisch Hintergründigen“ vorgenommen, sondern die Bildungsnahen mit HSA und Wunschkind am anderen Ende des Spektrums der Verziehung. Im Auftaktkommentar schreibt Remo Largo:

Die Kinder stehen unter Druck, weil die Eltern selbst unter Druck sind. Ein wichtiger Grund dafür: Eltern aller sozialen Schichten leiden unter einer existenziellen Verunsicherung. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes ist immer weniger gewährleistet.

Diese Verunsicherung geben die Eltern an ihre Kinder weiter. Damit die Kinder in einer globalisierten Dienstleistungsgesellschaft eine Chance haben, werden sie bereits im Vorschulalter in Kurse für Frühenglisch oder gar Frühchinesisch geschickt. Mit dem Schuleintritt drillen Mütter und Väter ihre Kinder auf ein erfolgreiches Überstehen der Selektion für das Turbogymnasium.

Und wir mittendrin mit einem Sohn, den wir während der ganzen Schulzeit durch allerlei Förderungen geschleift haben und jetzt scheint er zu jenem Drittel Jugendlicher zu gehören, die die Arbeitgeberschaft als zur Verwertung unbrauchbar ablehnt. Nicht schnell und geschickt genug im Handwerklichen, am Dreisatz scheiternd, ungelenk im Lesen und Schreiben – aber nicht blöd genug für eine geschützte Werkstatt.

Lenin kam nur bis Lüdenscheid

Die Seite zum Film kommt ja etwas mit schenkelkrachender Siegerfröhlichkeit über den untergegangenen Sozialismus daher. Aber schon ein Interview mit dem Autor stimmt versöhnlicher. Ich habe das Buch gelesen.

Es hat mich sehr bewegt. Da beschreibt ein 1964 geborener wie er im Westen in der Provinz groß wird in einem linken Elternhaus. Und ich fühlte mich verwandt mit dem Autor, aber auch mit seinem Vater. Der Sohn erfährt genau wie ich eine elterliche Kontrolle seines Medienkonsums. Ich konnte als Kind nicht verstehen, welcher Unterschied zwischen Piggeldy & Frederick und Lolek & Bolek bestehen sollte. Und der Vater rudert mit Büchern gegen den Strom:

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Nützliche Idioten

Die Meinung von Freerk Huisken zu den aktuellen Bildungsstreiks findet sich in einer Vortragsankündigung:

  • Durch den Bologna-Prozess will der Staat den Dienst der Hochschulen an der Standortkonkurrenz steigern.
  • Der Bildungsstreik bestätigt den Politikern, dass ihre Reform Effizienzmängel aufweist.
  • Studierende als Testpersonal der Politik: Soll es das gewesen sein, was der studentische Widerstand erreichen will?

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Frauen sind keine Deutsche

Der Moderator dönst: Dass Fußball für uns Deutsche wichtig ist, ist eine Binsenweisheit. Oder wie es der Mathematiker hört: Alle Deutschen interessieren sich für Fußball, bzw. wer sich nicht für Fußball interessiert ist kein Deutscher. Auf diesem Niveau ist natürlich auch die Aussage richtig: Frauen interessieren sich nicht für Fußball. Letzter Schritt: Siehe Titel. Und ich bin natürlich auch entnationalisiert

Passt gut zu der Tatsache, dass Frauen erst seit historisch kurzer Zeit auch zu den Menschen gezählt werden.