Dialektischer & Historischer Materialismus im Advent

Drei Tage Ferienkurs KrV. Auf eine negative Auffassung von Dialektik als logischer Spiegelfechterei, die nichts wirklich neues hervorbringen kann gestoßen:

So verschieden auch die Bedeutung ist, in der die Alten dieser Benennung einer Wissenschaft oder Kunst sich bedienten, so kann man doch aus dem wirklichen Gebrauche derselben sicher abnehmen, daß sie bei ihnen nichts anders war, als die Logik des Scheins. Eine sophistische Kunst, [105] seiner Unwissenheit, ja auch seinen vorsätzlichen Blendwerken den Anstrich der Wahrheit zu geben, daß man die Methode der Gründlichkeit, welche die Logik überhaupt vorschreibt, nachahmete, und ihre Topik zu Beschönigung jedes leeren Vorgebens benutzte. Nun kann man es als eine sichere und brauchbare Warnung anmerken: daß die allgemeine Logik, als Organon betrachtet, jederzeit eine Logik des Scheins, d.i. dialektisch sei. Denn da sie uns gar nichts über den Inhalt der Erkenntnis lehret, sondern nur bloß die formalen Bedingungen der Übereinstimmung mit dem Verstande, welche übrigens in Ansehung der Gegenstände gänzlich gleichgültig sein: so muß die Zumutung, sich derselben als eines Werkzeugs (Organon) zu gebrauchen, um seine Kenntnisse, wenigstens dem Vorgeben nach, auszubreiten und zu erweitern, auf nichts als Geschwätzigkeit hinauslaufen, alles, was man will, mit einigem Schein zu behaupten, oder auch nach Belieben anzufechten.

Mich dann an den Katechismus erinnert, mit dem ich groß geworden bin und in der Wikipedia rumgeklickert:

Sehr befriedigend, passt alles zusammen.

Kapitalismus als Wand

Die Wand ist so sehr ein Teil meines Lebens geworden, daß ich oft wochenlang nicht an sie denke. Und selbst wenn ich an sie denke, erscheint sie mir nicht unheimlicher als eine Ziegelwand oder ein Gartenzaun, der mich am Weitergehen hindert. Was ist denn auch so Besonderes an ihr? Ein Gegenstand aus einem Stoff, dessen Zusammensetzung ich nicht kenne. Derartige Gegenstände hat es in meinem Leben immer mehr als genug gegeben. Durch die Wand wurde ich gezwungen, ein ganz neues Leben zu beginnen, aber was mich wirklich berührt, ist immer noch das gleiche wie früher: Geburt, Tod, die Jahreszeiten, Wachstum und Verfall. Die Wand ist ein Ding, das weder tot noch lebendig ist, sie geht mich in Wahrheit nichts an, und deshalb träume ich nicht von ihr.
Eines Tages werde ich mich mit ihr befassen müssen, weil ich nicht immer hier werde leben können. Aber bis dahin will ich nichts mit ihr zu tun haben.

aus: Marlen Haushofer – Die Wand