Auslöschung der DDR

Thilo Mischke fragt: „Warum ist die DDR so scheiße in Filmen und Serien?“

Bei Christa Wolf in Stadt der Engel findet sich eine Antwort:

Bill arbeitete über die Geschichte des Katholizismus in Spanien und Frankreich und rechnete mir die Tausende von Menschenopfern vor, welche die verschiedenen Christianisierungsschübe in diesen Ländern gefordert hatten. Bei jeder Kolonisierung, sagte er, sei es das erste, die Religion, den Glauben der Unterworfenen auszurotten, um ihnen ihre Identität zu nehmen. Außerdem, das höre sich vielleicht unglaubhaft an, hätten die Eroberer aus einem tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex heraus das dringende Bedürfnis, nicht nur ihre Waffen, nicht nur ihre Waren, auch ihre Glaubens- und Gedankenwelt als die überlegene zu behaupten. Das weiß ich doch, hatte ich gesagt, und Bill, der Engländer, hatte mich prüfend angesehen: Ihr erfahrt das gerade, wie? Er hatte nicht auf einer Antwort bestanden.

Und ja, ich weiß um die Kritik am Identitätsbegriff. Aber Adorno und Nachfahren wurden bei der Auflösung der DDR nicht gefragt. Vielleicht sind wir Zonis, wenn wir uns nicht gerade in Yoga oder Kritische Theorie geflüchtet haben, so schräg drauf, weil wir Kolonisierte sind – unseres Glaubens, unserer Religion beraubt, mit einer neuen Geschichte versehen, die von den Eroberern geschrieben wurde. Heimatlose Zombies.