Slumdog Millionär

Günther Anders:

Wir können 200.000 töten, 200 vorstellen, 20 betrauern, 2 beweinen.

Früher konnten sich die Menschen mehr vorstellen als herstellen. Heute ist es umgekehrt.

Slumdog Millionär kämpft dagegen an. Die Kamera kriecht durch indische Slums. Das soziale Elend, das oft der Armut folgt. Erschlagene Mutter, absichtlich zu Krüppeln gemachte Bettler, Prostitution,… Das volle Programm. Und drumherum das Märchen von einem Slumdog, der menschlich bleibt und der bei der berühmten Show auftritt um seine Liebe wieder zu sehen.

Also ehrlich, der „Wohlfühlfilm des Jahrzehnts“ war das nicht gerade für mich. Eher so ein garstiger Wundstreuer, nach dem ich mindestens ein paar Stunden unfähig bin darüber nachzudenken, welchen Fernseher oder welche Dunstabzugshaube als nächstes so zu kaufen sei. Und das Hollywood-Business schafft es nicht mal, die paar Kinderstars scheinheilig aus dem Dreck zu holen.

Afrikafestival

Vielleicht gehe ich am Wochenende zum Africa Festival © in Würzburg. Die Weltnetzseite des Betreibers ist jedenfalls erstmal zum Kotzen und erinnert mich an Leni Riefenstahl. Aus dem Grußwort des entsprechenden bayrischen Staatsministers:

Seit jeher zieht Afrika mit seiner ungezähmten Natur viele Menschen in seinen Bann. Doch nicht nur die atemberaubende Flora und Fauna macht Afrika so einmalig, sondern auch seine Menschen. Der Kontinent bietet einen unglaublichen Reichtum an verschiedenen Völkern und Kulturen, in denen alte Traditionen bis heute gepflegt werden, gleichzeitig aber auch die Moderne immer mehr Einzug hält. Die Exotik der Landschaft und seiner Bewohner übt einen großen Reiz auf uns aus und weckt die Neugier von Abenteurern und Reisenden, die Geheimnisse Afrikas zu ergründen.

Navigation im 18. Jh.

In Leipzig hängt so ein Plakat im Zusammenhang mit der Lobpreisung Bachs.

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Das erste, was mir auffiel, war, dass ich heute mit eigener Muskelkraft, neumodischem Fahrrad und asphaltierten Wegen schneller zwischen Halle und Leipzig unterwegs bin als Bach mit Pferdekutsche. Der brauchte 7 Stunden. Ich brauche gemütlichst ungefähr 4 Stunden. Das heißt, selbst für einen CO2-neutralen Fuzzi hat sich die Zeit beschleunigt.

Das zweite war die Gebrauchsanweisung für dieses Rechteckschema mit den Entfernungen. Das ist so schwülstig, schachtelsatzig geschrieben – das kann ich kaum verstehen. Und wahrscheinlich ging es den Leuten damals ähnlich, die konnten noch gar nicht so knallhart straight forward denken wie wir. So das mit den Gleichungen, dem Gleichheitszeichen, das musste ja auch erst erfunden werden.

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Strategie & Bedürfnis 2

Schon letztes Jahr fragte ich mich was wohl für ein Bedürfnis dahinter steckt, wenn ich mir nicht ohne Unbehagen ziemlich garstige Action-Filme im Stile von KillBill oder 28days later angucke. Jetzt gab es mit Sohn und Bierflasche Fast & Furious.

Und plötzlich fiel es mir ein, welche Sehnsüchte so ein Film bei mir bedient. Es ist alles so schön einfach, klar strukturiert. Leichtigkeit. Keine Zweifel. Der Protagonist oder die Protagonistin nimmt sich ein durch Glaubenssätze abgesichertes Ziel vor – oft das Töten eines Mörders und metzelt sich in perfektem Flow ans Ziel.

Na gut. Fertig ist die Theorie noch nicht. Musikantenstadl ist ähnlich einfach und klar strukturiert, gefällt mir aber weniger.

Unsere Erde

Dann gab es noch als Nachtrag den politisch korrekten Ökoschmachtfetzen „Unsere Erde“ von DVD. Notizen von meinem Schmierzettel:

  • In den Regenwäldern am Äquator entsteht eine große Artenvielfalt durch viel und gleichmäßige Energiezufuhr. Wie die Metropolen der kapitalistischen Wirtschaft, die unter ausreichender gleichmäßiger Energiezufuhr eine Fülle von Produkten, Ideen, Lebensstilen, … entwickelt.
  • Ein Drittel der Landfläche ist von Wüsten bedeckt, die nur noch am Rande zur Biosphere gehören. Tendenz steigend. So wie der wilde Wohlstandstanz in den Metropolen und die sich ausbreitenden Armutswüsten in Afrika oder Osteuropa/deutschland.
  • Die Dauerkatastrophe als Normalzustand. Die einzelnen Individuen/Arten verhalten sich nicht besonders nachhaltig und produzieren am laufenden Band Nachwuchs. Sie kämpfen ständig gegen das Verdursten/Verhungern/Gefressen werden. Das ist schon eine völlig neue Aufgabe, die der Mensch da hat – sich selbst zu bescheiden und nicht darauf zu warten, dass Seuchen oder Orkane „die Ordnung“ wieder herstellen.
  • Da war so ein Kampf zwischen einer Elefantenherde und einem Löwenrudel. Die machten das alles mit ihren Körpern. Vielleicht sind Yoga u.ä. Wege diese Körperweisheit und -intelligenz zu erlangen bzw. zu entwicklen.
  • Das große Fressen und Gefressenwerden findet in der Natur, zumindest bei den Tieren, die ein wenig soziale Grütze im Kopf haben, zwischen verschiedenen Arten statt. Was wenn der Mensch die erste Art ist, die es schafft kraft (Un)kultur innerhalb der eigenen Rasse das tödliche Muster von Jäger&Gejagtem zu reproduzieren.
  • Die Wale sollen ja ziemlich schlau sein. Ihre Lebensweise könnte so das sein, was entsteht, wenn sich asketische, technikfeindliche Strömungen in der menschlichen Kultur durchsetzen.