Böse Alte

Ferienzeit. Schreibtischaufräumzeit. Da lag noch der Bericht von so einem 66-jährigen Kleingärtner, der 3 Gartennachbarn mit einem Eichenknüppel erschlagen hat.

Und weiter aufgelistet in der MZ ähnliche Beispiele:

Juli 2008: Ein Familienvater in Bayern ersticht ein Rentner-Ehepaar, weil das jahrelang seine Ruhe gestört habe.
Juni 2008: Aus Rache wegen eines vor Gericht geführten, jahrelangen Nachbarschaftsstreits erschießt ein Freizeit-Jäger seinen Nachbarn in Hessen.
Mai 2008: Ein Rentner erschießt wegen eines Streits um Parkgewohnheiten in Westfalen seine Nachbarin, verletzt ihren Mann schwer und richtet sich dann selbst.
Dezember 2007: Nach jahrelangen Nachbarschaftsstreit wegen Autoreparaturen vor dem Haus verletzt ein einsamer Rentner einem 33 Jahre alten Hausbewohner mit dem Messer lebensgefährlich.

Solche Sachen sind wichtig für mich als Lehrer, der mit jungen Erwachsenen arbeitet. Wenn dann wieder mal ein Junger austickt und unter den strengen Augen einer Überwachungskamera einen Wehrlosen ermordet oder foltert, dann fällt mir ein, in welcher Welt dieses junge mordende Monster groß geworden ist.

Thema DDR-Fahne

In der Fernsehzeitung tv-today über so ein „drei Ost-Familien erinnnern sich“ aufgeschnappt:

„Die DDR-Fahne liegt noch im Keller, aber da bleibt sie auch“, erzählt etwa Edgar Maas. Nach der Scheidung gründete er eine neue Familie, baute ein Haus und ist heute im vereinten Deutschland angekommen.

Weder meine Eltern, die der DDR sehr wohlgesonnen waren, noch meine Schwiegereltern, die die DDR ziemlich doof fanden, noch wir selbst haben je eine DDR-Fahne besessen. Aber wahrscheinlich muss man eine DDR-Fahne besessen haben, also ein inniges Verhältnis zu Staatsgebilden, Völkern, Fußballvereinen, um in der Lage zu sein, „im vereinten Deutschland anzukommen“.

Und überhaupt: „ER gründete eine Familie“, warum nicht gleich: „ER nahm sich ein Weib.“ Dann noch das unsägliche „ER baute ein Haus“.

Böse Bio-Erdbeeren

In der SZ gabe es einen Artikel über spanische Bioerdbeeren unter dem Aufmacher:

Andalusiens Biobauern produzieren Obst und Gemüse für den immer gierigeren deutschen Markt – und machen so eine Region zur Wüste

Ach ja, das wussten wir schon immer. Was der Markt anfasst wird zu Scheiße. Mal sehen wann es Waren mit allen ökofairbioveganen Gutmenschensiegeln dieser Welt trifft.

Trendhinterherlaufer

Im Magazin gab es so eine Rubrik „Unsere Lichtgestalten“ – Wer oder Was hat es geschafft in Ost und West gleichermaßen beliebt zu sein? Zwei Punkte fielen mir besonders auf, so im Sinne von „Oh Scheiße, du machst auch jeden Mist mit“:

  • Ingwer, Bärlauch, Fenchel – Modegemüse
  • Yoga, Pilates, Kieser-Training – verbreiteter Entrenkungswahn

Na gut, das Thema Kieser-Training habe ich schon hinter mir und Pilates habe ich noch nicht probiert. Aber der Rest.

Revolutionäre Schützenvereine

Aus Anlass einer aktuellen Reise las ich ein kleines Büchlein von Volker Reinhardt: „Schweizer Geschichte„. Darin heißt es über die Restaurationszeit:

Betätigungsort und Reservoir liberaler Gesinnungen im Zeitalter der Restauration wurden Vereine und Verbände: Schützen, Sänger, Studenten und Turner organisierten darin eine spezifische Form von Geselligkeit, die im Zeichen einer von oben erzwungenen Politikferne Formen eines neuen sozialen Zusammenlebens erprobte und dadurch politische Gegenwelten aufzeigte. Speziell die großen Schützenfeste wurden zu nationalen Schmelztiegeln bürgerlicher Prägung.

Scheint heute im Zeitalter einer neoliberalen Restauration, in der der Kapitalsimus als einzig denkbares System herrscht ähnlich. Nur dass die „Vereine und Verbände“ wahrscheinlich ein ungleich größeres Spektrum abdecken: faschistische freie Kameradschaften, undogmatisch linke Kulturzentren/Kommunen, …

Struwwelpeter in D und S

Vor 200 Jahren wurde Heinrich Hoffmann, der Autor des Struwwelpeters geboren. Das Buch ist zwar in Deutschland immer noch eine Verkaufsschlager (ca. Nr. 5000 bei Amazon). Aber das ist nicht überall so:

In Schweden dagegen, einem der führenden Kinderbuchländer, erschien die letzte Ausgabe des „Drummelpetter“ 1943. Heutzutage wäre ein solch „moralisches Zeigefingerbuch“ mit der offenen schwedischen Pädagogikauffassung unvereinbar, erklärten mir Verlagslektoren unabhängig voneinander.
Quelle: DAS MAGAZIN Juni/2009