Aus- und Einwanderer

Aus Noah Sow: Deutschland Schwarz Weiss

Wir verlangen, dass Flüchtlinge nicht allein aus wirtschaftlichen Interessen zu uns herüberkommen dürfen, sondern erst ihr eigenes Land auf die Reihe kriegen sollen. Gleichzeitig aber feiern wir in fünf verschiedenen Fernsehsendungen Weiße, die ohne guten Grund und ohne Kultur- oder Sprachkenntnisse in andere Länder gehen, weil sie sich davon mehr Wohlstand und ein glücklicheres Leben erhoffen. ‚Auswanderer’ und ‚Abenteurer’ nennen wir die dann und sind von ihrem Mut fasziniert. Sind sie aber Schwarz oder Afrikaner, sind Leute mit genau demselben Verhalten für uns plötzlich ‚Wirtschaftsflüchtlinge’ und ‚naiv’ und werden nicht als Helden oder mutig sondern als Bedrohung empfunden und dementsprechend behandelt. Und wir denken uns nicht einmal etwas dabei. […]

So erhält ein und dieselbe Sache verschiedene Namen, und wir erlauben uns dadurch auch verschiedene Betrachtungsweisen und Abstufungen von Sympathie, Mitgefühl, Respekt, Identifikation. Weil wir gelernt haben, dass wir das dürfen.

Schöne Grüße von den edlen Wilden

Bei den Heldentagen bin ich auf buen vivir aufmerksam geworden. Gutes Leben, Einklang mit der Natur, angeborene Nachhaltigkeit und so. Franz Xaver Faust schreibt zu diesem Thema in seinem Buch „Totgeschwiegene indianische Welten“:

Es ist zur Mode geworden, Indianer zu Bewahrern des Gleichgewichts zu erklären, und die Welt der Nordanden gehört zu Indioamerika. Wer sich wirklich mit dieser Kultur auseinandergesetzt hat weiß, dass der Akzeptanz des Ungleichgewichts und sein bewusstes Herbeiführen ein ebenso hoher Stellenwert zukommt. Für die Landbevölkerung Indioamerikas gehört Unordung zur Ordnung des Kosmos. Sie bringt die Erneuerung der Lebenskraft, die in den Phasen der Harmonie wieder verbraucht wird.

Um diese Philosophie zu begreifen, müssen wir neben dem ständigen Fluss der Lebenskraft guaira das Prinzip von der batida de la tierra, vom Durchwühlen und Umkippen der Welt betrachten. …

Auch die Gesellschaft braucht die Reinigung in chaotischen Zeiten. Dies ist der Grund, weshalb bei den Dorffesten alle Regeln gesprengt werden müssen. Je wilder das Fest war, desto größer die Abkühlung. Solche Veranstaltungen müssen auch ihre Gefahr in sich bergen, und vielerorts ist ein Fest ohne Tote und Verwundete eben kein Fest. …

Bevor jetzt aber jemand die Nase rümpft und glaubt, diese Leute seien wohl doch in irgend einer Weise Wilde, dem sei kurz zu bedenken gegeben, dass Lateinamerika seit 500 Jahren keine Megakatastrophe erlebt hat, die mit einem der Weltkriege vergleichbar wäre, die in diesem Jahrhundert schon zweimal Europa vernichtet haben.

Also alles in Butter, was der globale Norden gerade einrührt ist nur mal eben schnell eine globale batida de la tierra. Ach das wird ein Durchwühlen und Umkippen der Welt.

Wo ist die Arbeiterklasse hin?

Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes, die Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf. An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die freie Entwicklung aller ist.“ MEW Band 4, S. 482

Das heißt, dass mit diesen Klassen hat auch etwas mit dem Selbstverständnis der Leute zu tun. Wenn sich der Netzwerkadministrator und der LKW-Fahrer über Ausbildung, Einkommen, Art der Tätigkeit definieren und nicht darüber, dass sie beide abhängig Beschäftigte am Tropf des heiligen Arbeitzplatzschaffers sind (doppelt freie Lohnarbeiter hieß das früher), dann wird das nichts mit der Arbeiterklasse. Und faszinierenderweise beinhaltet das obige Zitat ja ein mehrschrittiges Verfahren: 1. Klassenbildung, 2. Revolution, 3. Aufhebung der Klassen.

Ob die Nr. 2 eine Revolution sein muss, ist noch gar nicht klar. Aber was unter Nr. 1 momentan läuft, ist einigermaßen irrational: Da werden Fronten aufgemacht zwischen braven Sozialpartnern und bösen Bankern, zwischen Veganern und Fleischfressern, zwischen Umweltaposteln und Umweltsäuen,…

YaCy

Allerorten Unzufriedenheit über den Datenkraken Google. Aber dabei gäbe es Alternativen. Etwa YaCy eine P2P-Suchmaschine. Natürlich sind die Suchergebnisse momentan lausig, was auch kein Wunder ist, denn momentan dümpelt das Projekt mit um die 100 Knoten so vor sich hin.

Und dabei bräuchte nur ein paar 10.000 Knoten, um richtig gut zu werden. Aber dazu müssten eben ein paar 10.000 Leute die Software auf ihrem Rechner laufen lassen und das Web indexieren lassen. Es reicht, immer dann, wenn er an ist.

Das Problem? Ich weiß es nicht. Vielleicht weil die Software drei Klicks komplizierter ist als ein Konto bei Facebook anlegen oder weil jeder einzelne erst mal nichts davon hat.

Das System verfault

so schreibt meine Heimatzeitung. Robert und Edward Skidelsky schreiben:

Obwohl wir längst genug haben, sollen wir immer weiter im Hamsterrad rennen, weil uns sonst andere Volkswirtschaften im internationalen Wettbewerb überholen und wir „das asiatische Jahrhundert“ nicht überleben würden. Unsere Politiker haben für die Zielbestimmung der Wirtschaft nichts anderes auf Lager als „Wachstum, Wachstum, Wachstum“. Derweil kassiert eine habgierige Plutokratie im Westen ab und verbrämt ihre Raubzüge mit idyllischen Begriffen von Freiheit und Globalisierung. Dass dieses ganze System von innen her moralisch verfault, spricht kaum einer aus. Weiterlesen „Das System verfault“