wieder zwei Fundstücke, die gegen Isolation und Kleinfamilie wettern:
Ein DLF-Feature „Selbstwert oder gelernter Hass – Wie uns die frühe Kindheit prägt“ breitet sehr schön aus, wie sinnvoll eine gewaltfreie, die Bedürfnisse des Kindes achtende Erziehung ist. Und kommt zu der ernüchternden Erkenntnis, dass das in in einer Kleinfamilie nicht zu schaffen ist und unter den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen zu chronischer Erschöpfung der Eltern führt.
Und Remo Largo, ein Schweizer Kinderarzt, hat ein Buch über Erwachsene geschrieben: „Das passende Leben. Was unsere Individualität ausmacht und wie wir sie leben können“ In einem Interview über dieses Buch heißt es:
… Welches Grundbedürfnis kommt in unserer Gesellschaft oft zu kurz?
Geborgenheit und soziale Anerkennung. Wir Menschen haben während 200 000 Jahren in Lebensgemeinschaften gelebt, in denen man sich gut kannte und aufgehoben fühlte. Wir sind nicht dafür gemacht, in einer anonymen Massengesellschaft zu leben. Wir brauchen eine stabile, tragfähige Lebensgemeinschaft um uns. Die Kleinfamilie genügt dafür nicht.
… Das Problem ist einfach, dass wir Menschen soziale Wesen sind, wir können nicht alleine leben. Unser Bedürfnis nach Geborgenheit, nach sozialer Anerkennung ist so elementar wie der Hunger.
Ihre Lösung dafür ist die Lebensgemeinschaft etwa in Mehrgenerationenhäusern. Das klingt utopisch.
Der moderne Mensch hat während 200 000 Jahren ausschliesslich in Lebensgemeinschaft vertrauter Menschen gelebt. Heutzutage geht es immer mehr Kindern und Alten schlecht und jene in der Mitte, vor allem Eltern müssen sich unglaublich abstrampeln, weil sie glauben, alles alleine stemmen zu müssen. So kann es ja nicht mehr weitergehen.
Verklären Sie da nicht etwas die vergangenen Zeiten, als Kinder in Grossfamilien aufwuchsen mit vielen Tanten und Geschwistern?
Eine Lebensgemeinschaft, wie sie mir vorschwebt, ist kein Vergnügungspark. Die Menschen haben Pflichten, etwa sich gemeinsam um die Kinder und die Alten zu kümmern. Sich um einander zu sorgen, schafft tragfähige Beziehungen.
Damals, im 19. Jahrhundert, richtete der Kapitalismus die Menschen offensichtlich physisch zu Grunde. Alternativen richteten sich darauf, dieses Problem zu lösen: „Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum braucht er was zu Essen bitte sehr…“
Jetzt wird immer deutlicher, dass der Kapitalismus auch der Seele schadet. Nur dass dieses Problem schwieriger ist. Mit Verhungernden geht es nicht. Aber die/wir seelisch Verkrüppelten sind genau das Personal, das den Laden am Laufen hält.