Idomeneo in Dresden. Neptun/Poseidon spielt mit. Aber Er wird als Viele dargestellt, so eine Wolke von Gestalten, die um den Betroffenen herumwuseln. Im Programmheft heißt es dazu in einem Gespräch mit dem Regisseur Michael Schulz und anderen:
Kann man im 21. Jahrhundert noch von Göttern erzählen, welche die Handlungsfäden in der Hand halten?
Michael Schulz: Wir zeigen die Götter nicht leibhaftig auf der Bühne. Wir werten sie als Ausdruck von unterbewusstem Handeln. Sie sind die Schuld, die Hoffnung oder die Ängste, die in jedem Menschen, vor allem in Extremsituationen, brodeln. Renée Listerdal: Sie sind eine Art Albdruck oder Albtraum, den man mit sich herumträgt und der sich immer wieder Bahn bricht. Das zeigen wir durch den Einsatz zahlreicher »Neptune« auf der Bühne.
Michael Schulz: Dabei sind die »Neptune« genauso uneindeutig wie die Götter selbst – das finde ich wichtig. Die Gottwesen, wie sie vom Menschen angesprochen werden, haben ja alle keine Eindeutigkeit. Jeder benutzt sie für etwas anderes. Deshalb haben wir die Gottheit auf mehrere Personen aufgeteilt, die immer auf der Szene mitagieren. Sie sind nur für Idomeneo sichtbar, sie befinden sich in seinem Unterbewusstsein.
Erscheint mir ganz schlüssig. Gott als Projektion des Unbewussten, als Teil des Freudschen Über-Ich. Das Gebet als Autosuggestion.