Links im September

Was mir sonst noch so über den Weg lief:

Demokratie II

Gremliza kollert in seiner Oktoberkolumne gegen die bürgerliche Demokratie und verweist auf seine kritischen Vorgänger:

Vor mir war Degenhardt: »Uns ist es nicht genug,/ in jedem vierten Jahr ein Kreuz zu malen./ Wir rechnen nach und nennen es Betrug,/ wenn es gar keine Wahl gibt bei den Wahlen«, vor Degenhardt war Kraus: »Der Parlamentarismus ist die Kasernierung der politischen Prostitution«, vor Kraus war Lenin: »Einmal in mehreren Jahren zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament niederhalten und zertreten soll – das ist das wirkliche Wesen des bürgerlichen Parlamentarismus.«

Humankapital

Jeder öffentliche Euro mehr, mit dem gezielt Migrantenkinder betreut und geschult werden, ist eine hochrentable öffentliche Investition.  … Der Staat erhält das Geld durch gesparte Sozialleistungen und zusätzlich kassierte Steuern doppelt und dreifach zurück.
DIE ZEIT 27.9.2012 S.27

Würg.

Ob das die Bedeutung von „sozial“ in SPD ist?

Demokratie I

In der Galaxo-Ausgabe vom 25./26. September fiel mir folgender Textschnippsel auf:

Auf dieser Seite erfahrt ihr mehr über die Wahlen in Weißrussland. Die fanden am Sonntag statt. Viele Politiker und Experten glauben nicht, dass sich durch diese Wahlen in dem Land etwas ändern wird.

Und ich dachte sofort, ob es wohl nächstes Jahr ein ähnliches Urteil über die Wahlen in Deutschland geben wird.

Ich las weiter und fand:

Der Begriff Demokratie kommt von zwei griechischen Wörtern, die übersetzt „Volk“ und „Herrschaft“ heißen. Wenn ein
Staat nach den Regeln der Demokratie regiert wird, dann bestimmt dort also das Volk, wer an die Macht kommt. Das geschieht durch Wahlen.

Mit anderen Worten Demokratie ist immer nur repräsentative Demokratie. Das Volk hat definitiv bei den Wahlen seine Macht abzugeben.

Katharina Saalfrank

„Leider habe ich kürzlich in einer Studie gelesen, dass vierzig Prozent der Eltern Ohrfeigen und Klapse immer noch als gängiges Erziehungsmittel anwenden. In dieser Hinsicht hat sich in den vergangenen Jahren kaum etwas getan. Erst seit dem Jahr 2000 haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Deutschland ist hier sehr rückständig.“ in einem Nido-Interview

Passt gut zu deMause Psychohistorie. Er vertritt dort die Ansicht, dass die Erziehung in Deutschland um die vorletzte Jahrhundertwende im europäischen Vergleich rückständig und brutal war. Der Rückstand scheint noch nicht aufgeholt.

3 x Italien

Über Gubbio auf dem Berg steht eine Kirche. Die Mumie eines Heiligen mit Zipfelmütze. Frühmorgens vor der größten Hitze sind Frauen in fittnesstudiogeeigneter Kleidung unterwegs. Sie gehen zu Fuß auf den Berg. Mit schweißglänzenden Schultern und Shorts kommen sie in die Kirche, verneigen sich vor dem Heiligen mit der Zipfelmütze und verharren einen Moment. Und es war stimmig.
Der Mann am Tresen fragt mich, wo ich herkomme. Als er meine Antwort hört, beginnt er Smalltalk, dass es der deutschen Wirtschaft besser gehe als der italienischen. Da ist er bei mir an den Richtigen geraten. Ich erkläre ihm, dass der Erfolg Deutschlands und das Scheitern Italiens zwei Seiten einer Medaille seien. Der Mann schenkt mir ein Lächeln.
In einer Bar auf „dem“ Platz in Assisi steht eine Nebentür offen. Wir beobachten, wie Tiefkühlpizzas aus dem Supermarkt in der Kühltruhe gebunkert werden. Wenn die Touristen aber auch unbedingt in einer Bar Pizza essen wollen.