Terror und Aufklärung

Aus eine Interview mit Élisabeth Badinter im PhilosophieMagazin April/Mai 2016:

Elisabeth-badinterFrançois Hollande hat von einer „Kriegssituation“ gesprochen. Was denken Sie über diesen Begriff?
Ich lehne ihn ab. Wir haben es mit Mördern zu tun, nicht mit Soldaten. Mal abgesehen von ihrer Zahl, ihr Verhalten entspricht nicht der militärischen Norm. Der Krieg hat Gesetze. Sie haben keine. Das sind fanatisierte Jungs, denen wirklich der Verstand fehlt – ganz zu schweigen von der Moral. Die barbarischen Akte, die sie begehen, bereiten ihnen ein immenses Vergnügen. Stellen Sie sich vor: Einmal in ihrem Leben sind sie auf Seite eins.

Seit der Aufklärung hat man geglaubt, die Vernunft habe den Kampf gegen die Religion gewonnen. Warum hat sich das Blatt gewendet?
Das Credo ist an die Stelle des Cogito getreten. „Ich denke, also bin ich“ wurde verdrängt von „Ich glaube, also bin ich“. Warum? Der Westen hat alles radikal infrage gestellt: die Familie, die Heirat, das Geschlecht, die Nation und so weiter. Diese Infragestellung unserer am sichersten geglaubten Prinzipien hat viele in Unsicherheit gestürzt. Hinzu kommt die Wirtschaftskrise. Wenn die Welt, sowie sie ist, einen im Stich lässt oder misshandelt, wird man sich der Religion zuwenden – ein Opium, wie jemand anderes gesagt hat. Das bleibt wahr und gilt für Leute aus allen gesellschaftlichen Schichten. Schließlich gab es mit der Auflösung des Vaterlands das Gefühl eines Identitätsverlusts. Eine solide religiöse Praxis gibt einem wieder eine Gemeinschaft und eine Identität.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Willigis Jäger

Ein schöner Ansatz, worum es beim Yoga geht:

Willigis JägerDer Körper ist unser Partner und Freund auf dem spirituellen Weg. So gesehen ist es nur natürlich, dass alle spirituellen Wege im Körper ansetzen (…) Der Körper ist der Ausgangspunkt, er ist gleichsam das Gefäß, in das die Begegnung mit der göttlichen Wirklichkeit gefasst ist. Der Westen hingegen hat in den letzten Jahrhunderten einen Weg über den Intellekt zu den Dingen entwickelt. Er hat die Welt wissenschaftlich, das heißt von außen betrachtet und untersucht. Dieser Zugang zu den Phänomenen hat den Weg ins Sein verdunkelt. Denn der Weg ins Sein führt, so eigenartig das in manchen Ohren auch klingen mag, über den Körper: Atem, Sitzen, Schreiten, Tanzen, Laute, Körperhaltungen. Unser tiefstes Wesen ist sehr viel stärker in unserem Körper beheimatet, als wir lange gemeint haben. Denn nur im Körper wird die Einheit von Bewusstsein und Materie sichtbar und erlebbar.
aus: Die schönsten Texte / von Willigis Jäger

Und wenn ich an Leute wie Ulrich Ott oder Mattthieu Ricard denke, dann beginnt sich der Widerspruch zwischen Wissenschaft und Spiritualität aufzulösen.