Im Hier und Jetzt mit Nitzsche

Ein herrlich garstiger Einstieg in die kleine Schrift: „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben„:

Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt – denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, daß ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte — da vergaß es aber auch schon diese Antwort und schwieg: so daß der Mensch sich darob verwunderte.

Das ist genau der Zweifel, der mich beschleicht, wenn ich Eckhardt Tolle & Co. vom Leben im Hier und Jetzt raunen höre. Freilich kann ich mich so konditionieren, dass ich Verletzungen von Gestern abstreife und die Furcht vor dem Morgen leugne. Aber was ist das anderes als Askese. Das ist ja einfach, Emotionen runterkochen, bis ich nichts mehr merke.

GSOR & FDGO

Als das mit dem Sozialismus, der historischen Mission der Arbeiterklasse und der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution erdacht wurde, schien das ganze System seinen Anhängern logisch, stimmig, verwirklichungswürdig. Als versucht wurde, die Sache durchzusetzen, verkam die Idee zur Bigotterie, zum hohlen Papiertiger.

Als das mit der Demokratie, der bürgerlichen Freiheit und der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung erdacht wurde, schien das ganze System seinen Anhängern logisch, stimmig, verwirklichungswürdig. Als versucht wurde, die Sache durchzusetzen, verkam die Idee zur Bigotterie, zum hohlen Papiertiger.

Gewinnen – was ist das?

Fünf Geschichten:

  1. Bis zum Alter von 4 oder 5 Jahren war meinem Sohn das Konzept Wettbewerb fremd. Erst als wir mit einer anderen Familie mit einem ehrgeizigen Vater Urlaub machten, änderte sich das. Wann immer die beiden Söhne der Familie etwas zusammen spielten, gab der ehrgeizige Vater die Richtung vor: „Who is the winner?“
  2. Im Park beobachtet: Eine Frau rennt zusammen mit einem kleinen Jungen. Beide strahlen und lachen – ihnen guckt die Lebenslust aus den Augen. Dann geht da eine weiße Linie über den Weg. Die Frau lässt sich etwas zurückfallen, als der Junge die Linie überquert, reißt sie die Arme hoch und ruft laut: „Hurra, Paul hat gewonnen!“ Paul bleibt stehen, dreht sich zur Seite. Die Freude in seinem Gesicht ist verschwunden. Fragend blickt er zu der Frau hoch.
  3. Leider ohne Quellenangabe geistert mir im Hirn die Story von „wilden Eingeborenen“ herum, denen man Basketball beigebracht hatte. Die fanden das Spiel auch toll, aber was das mit dem Punktezählen sein sollte, konnten die „Wilden“ einfach nicht begreifen.
  4. Die Ubuntu-Story von den afrikanischen Kindern, die nach einem Obstkorb um die Wette rennen sollen. Es aber nicht tun, damit sie gleichzeitig am Korb ankommen und das Obst gemeinsam bekommen.
  5. Donata Elschenbroich legt in ihrem Buch „Weltwissen der Siebenjährigen“ fest, dass Siebenjährige gewinnen wollen und verlieren können sollen. Also müssen sie es erst lernen.

Das gibt Hoffnung.

MZ spricht BILD

Der Chefredakteur meiner Heimatzeitung kommentiert 9/11:

Das Bild der „Staubfrau“ ging nach dem 11. September 2001 um die Welt. Marcy Borders war beim Einsturz des World Trade Centers nur knapp dem Tod entkommen. Das Foto berührt. Es macht Angst. Es macht glücklich, dass die Frau überlebt hat. Bis heute fühlt sie sich bedroht…

Genau wie BILD schreibt er mir meine Gefühle beim Betrachten eines Fotos vor: „Das Foto berührt. Es macht Angst. Es macht glücklich, … “ Es fehlt nur noch der letzte Schritt, den Beitrag in großen Lettern mit den entsprechenden Gefühlswörtern zu beginnen.

Kuba

Mit nur fünf Prozent des CO2-Ausstoßes der US-AmerikanerInnen erreichen die CubanerInnen das gleiche Durchschnittsalter wie ihre Nachbarn im Norden. Das heißt, die CubanerInnen leben ökologisch korrekt so gut und gesund, dass sie deutlich älter als die BewohnerInnen fast aller Dritt-Welt-Länder werden. Auch bei anderen sozialen Indikatoren steht Cuba gut da. Trotzdem glauben viele CubanerInnen, in einer Gesellschaft, die vom Mangel geprägt ist, eher schlecht zu leben. Was ihnen – und einem großen Teil der Menschen in der Welt – als „gutes Leben“ erscheint, ist der Lebensstil des Mittelstands in den Metropolen, wie ihn deren Film- und Fernsehindustrie darstellt und weltweit verbreitet. (Quelle: ila 348)

Erinnert mich irgendwie an die DDR und die friedliche „Revolution“ für Bananen, Reisefreiheit und Demokratie. Na gut Zwangsökologie wegen Ölhahn zu gab es damals noch nicht. Aber trotzdem, Kuba führt vor, wie ein Leben nach Peak Oil aussehen könnte.

Buen vivir

Das aktuelle Heft 348/2011 der ila dreht sich um buen vivir – dieses Konzept vom guten Leben, das jetzt in den Verfassungen von Bolivien und Ecuador steht. In einer attac-Rundmail steht genaueres:

Der Schwerpunkt „Sumaq kawsay, buen vivir, Gutes Leben“ der ila 348 hat einen Umfang von 28 Seiten (das gesamte Heft 54 Seiten) und kann zum Preis von 5,00 Euro bei der ila (Heerstraße 205, 53111 Bonn, Tel. 0228-658613, Fax 0228-631226, E-Mail: vertrieb@ila-bonn.de, Internet: www.ila-web.de,) bestellt werden. Das Editorial und das komplette Inhaltsverzeichnis der ila 348 findet Ihr hier.